Ergänzung des Umsatzsteueranwendungserlasses zur Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern

April 01, 2022

Ergänzung des Umsatzsteueranwendungserlasses zur Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern

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ERGÄNZUNG DES UMSATZSTEUERANWENDUNGSERLASSES ZUR UNTERNEHMEREIGENSCHAFT VON AUFSICHTSRATSMITGLIEDERN

Regelungshistorie zur umsatzsteuerlichen Selbstständigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern

Die umsatzsteuerliche Beurteilung der Tätigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern hat sich mit dem BFH-Urteil vom 27.11.2019 (V R 23/19 (V R 62/17)) grundlegend geändert. Demnach wird ein Aufsichtsratsmitglied nicht als umsatzsteuerlicher Unternehmer gem. § 2 UStG tätig, wenn es mangels variabler Vergütungsbestandteile kein Vergütungsrisiko trägt. Im Nachgang hierzu wurde der Umsatzsteueranwendungserlass mit Datum vom 08.07.2021 geändert und die 10%-Grenze eingeführt. Demzufolge wird die Tätigkeit grundsätzlich für umsatzsteuerliche Zwecke als selbständig angesehen, wenn die variablen Vergütungsbestandteile mindestens 10% der Gesamtvergütung betragen. Sitzungsgelder für die tatsächliche Teilnahme an den Sitzungen sowie nach dem tatsächlichen Aufwand bemessene Aufwandsentschädigungen stellen insoweit variable Vergütungsbestandteile dar (vgl. Abschn. 2.2 Abs. 3a UStAE).

Konkretisierung der 10%-Grenze

Mit der Ergänzung des UStAE durch das BMF-Schreiben vom 29.03.2022 werden nunmehr weitere Einzelheiten zur Bestimmung der 10%-Grenze konkretisiert.

Berechnungszeitraum im Hinblick auf die 10%-Grenze ist das jeweilige Geschäftsjahr der Gesellschaft, maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der 10%-Grenze der Beginn des jeweiligen Geschäftsjahres, nachträglichen Änderungen sollen unberücksichtigt bleiben.

Für Zwecke dieser Prüfung sind sämtliche Vergütungen zu berücksichtigen, die an das Aufsichtsratsmitglied für von diesem im jeweiligen Geschäftsjahr erbrachte Leistungen gezahlt werden. Als variable Vergütungsbestandteile kommen hierbei die erwarteten persönlichen Sitzungsgelder auf Basis der geplanten Sitzungen zu Beginn des Geschäftsjahres in Betracht. Auf die spätere tatsächliche Teilnahme kommt es nicht an.

Daneben nimmt das BMF zum umsatzsteuerlichen Leistungszeitpunkt Stellung. Maßgeblicher Leistungszeitpunkt für die allgemeine Tätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds ist demnach der Ablauf des Geschäftsjahres der Gesellschaft. Werden Vergütungen für die tatsächliche Teilnahme an den Sitzungen gezahlt, gilt der Tag der jeweiligen Aufsichtsratssitzung als Leistungszeitpunkt. Für Geschäftsjahre der Gesellschaft, die vor dem 01.01.2022 enden, wird es nicht beanstandet, die bisherige Regelung fortzuführen und als Leistungszeitpunkt für die allgemeine Tätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds die Teilnahme an der Hauptversammlung zugrunde zu legen.

Anwendung finden die neuen Regelungen auf alle offenen Fälle. Im Hinblick auf Leistungen, die das Aufsichtsratsmitglied in Geschäftsjahren ausführt, die vor dem 01.01.2022 begonnen haben, wird es – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet, entsprechend der vormaligen Regelung im Anwendungserlass von einer selbständigen Tätigkeit für umsatzsteuerliche Zwecke auszugehen.

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