FG Münster – Urteil zur grunderwerbsteuerlichen Anteilsvereinigung auf Ebene einer Stiftung nach niederländischem Recht (Stichting)

April 29, 2022

FG Münster – Urteil zur grunderwerbsteuerlichen Anteilsvereinigung auf Ebene einer Stiftung nach niederländischem Recht (Stichting)

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FG MÜNSTER – URTEIL ZUR GRUNDERWERBSTEUERLICHEN ANTEILSVEREINIGUNG AUF EBENE EINER STIFTUNG NACH NIEDERLÄNDISCHEM RECHT (STICHTING)

Das FG Münster hat mit Urteil vom 10.03.2022 zur Grunderwerbsteuerpflicht bei einer mittelbaren Übertragung von mindestens 95‘% der Anteile an einer grundbesitzhaltenden Kapitalgesellschaft auf eine Stiftung niederländischen Rechts entschieden. Nach Ansicht des FG liegt ein grunderwerbsteuerbarer Erwerbsvorgang vor.

Sachverhalt

A war Alleingesellschafter einer belgischen Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer N.V., die ihrerseits sämtliche Anteile an einer deutschen GmbH (A GmbH) mit Grundbesitz im Inland hielt.

Daneben war A alleiniger Vorstand einer Stiftung nach niederländischem Recht (Stichting). Gesellschaftszweck der Stichting war das Verwalten von Anteilen an einer niederländischen Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer B.V. sowie die Herausgabe von Zertifikaten zu diesen Anteilen. Die Stichting hielt rd. 99% der Anteile an dieser B.V.

Am 24.12.2009 brachte A in einem ersten Schritt seine Anteile an der belgischen N.V. und damit mittelbar an der deutschen A GmbH in die von der Stichting gehaltene niederländische B.V. ein und erhielt dafür eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an der B.V. in Höhe von rund 40%. Die Beteiligungsquote der Stichting schmolz korrespondierend hierzu auf rd. 60% ab. Am selben Tag brachte A diese neu erhaltenen Anteile an der B.V. gegen Ausgabe von Zertifikaten (Zertifizierung) in die Stichting ein. Die Stichting erwarb damit mittelbar mindestens 95% der Anteile an der grundbesitzenden A GmbH.

Ein grunderwerbsteuerbarer Erwerbsvorgangs wurde insoweit nicht angezeigt. Die Finanzverwaltung erlangte anlässlich einer Außenprüfung bei der A GmbH Kenntnis von dem Vorgang. Sie erließ einen Grunderwerbsteuerbescheid unter Verweis auf einen grunderwerbsteuerbaren Erwerbsvorgang betreffend die Übertragung der neu gewährten Anteile an der B.V. (bzw. die mittelbare Übertragung der Anteile an der grundbesitzhaltenden A GmbH) an die Stichting gem. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG.

Gegen den Grunderwerbsteuerbescheid erhob die Stichting Klage.

Entscheidung

Das FG Münster folgt der Auffassung des Finanzamts. Es geht hinsichtlich der Übertragung der neu erhaltenen Anteile an der B.V. (rd. 40%) von A auf die Stichting von einer mittelbaren grunderwerbsteuerbaren Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2 GrEStG im Hinblick auf die von der B.V. gehaltenen Anteile an der A GmbH auf Ebene der Stichting aus. Hierbei lässt es das FG offen, ob es sich dabei um einen Erwerbsvorgang gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG (weil der Vertrag über die Zertifizierung mit der Stichting einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung der Anteile begründet) oder – mangels eines solchen Anspruchs – um einen Erwerbsvorgang gem. § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG handelt. Dies ist im Ergebnis ohne Bedeutung.

Das FG erkennt die Stichting nicht als Gesamthand iSv. § 5 GrEStG an, so dass ein Absehen von der Besteuerung gem. § 5 Abs. 2 GrEStG nicht in Betracht kommt. Auf Basis eines Rechtstypenvergleichs kommt das FG zu dem Schluss, dass die Stichting weder nach abstrakt-genereller Sichtweise noch im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung, einer Gesamthandsgemeinschaft nach deutschem Recht entspricht. Dass die Stichting nach niederländischem Steuerecht als transparent eingestuft wird, ändert hieran aus Sicht des FG richtigerweise nichts.

Auch die von der Klägerin vorgebrachte Steuerbefreiung für Grundstücksschenkungen unter Lebenden gem. § 3 Nr. 2 GrEStG wendet das FG nicht an. Da bei der Übertragung der Anteile an der B.V. auf die Stichting von dieser weitere Zertifikate an A ausgegeben wurden, fehlt es nach Ansicht des FG an der erforderlichen Unentgeltlichkeit.

Das FG hat die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Fazit

Die vorliegend gewählte Umstrukturierung unterliegt damit nach Auffassung des FG im Ergebnis zweimal der Grunderwerbsteuer: Zum einen auf Ebene der B.V. als Folge der mittelbaren Einbringung sämtlicher Anteile an der grundstückshaltenden A GmbH.

Darüber hinaus entsteht nach Ansicht des FG mangels Anwendung von § 3 Nr. 2 GrEStG sowie § 5 Abs. 2 GrEStG als Ergebnis der Wiederherstellung des ursprünglichen Bündelungszustands erneut Grunderwerbsteuer, und zwar aufgrund der erstmaligen mittelbaren Vereinigung der Anteile an der A GmbH auf Ebene der Stichting.

Eine mögliche Befreiung gem. § 6a GrEStG kommt im Streitjahr 2009 noch nicht in Frage.

Es bleibt abzuwarten, ob der BFH Gelegenheit haben wird, die Würdigung des FG, insbesondere im Hinblick auf die Anwendung des § 3 Nr. 2 GrEStG im Revisionsverfahren zu überprüfen.

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