May 30, 2022

Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie – Umstrukturierungen von Unternehmen sollen rechtssicherer und effizienter werden

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GESETZ ZUR UMSETZUNG DER UMWANDLUNGSRICHTLINIE – UMSTRUKTURIERUNGEN VON UNTERNEHMEN SOLLEN RECHTSSICHERER UND EFFIZIENTER WERDEN

Der mit Spannung erwartete Referentenentwurf liegt vor: Das Bundesministerium der Justiz hat am 20.04.2022 den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie veröffentlicht. Damit soll für Unternehmen ein neuer Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Umstrukturierungen geschaffen werden, um sie in die Lage zu versetzen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und sich neue Märkte und Geschäftsmodelle zu erschließen. Der Beitrag beleuchtet die wesentlichen Inhalte der geplanten Neuerungen.

Notwendigkeit und Zielsetzung der Regelungen

Der Referentenentwurf dient der Umsetzung der europäischen Richtlinie über grenzüberschreitende Umwandlungen. Die Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht ist für die Bundesrepublik Deutschland bis zum 31.01.2023 verpflichtend vorgeschrieben.

Daneben enthält der Referentenentwurf eine Reihe von Erleichterungen für innerstaatliche Umwandlungen von Unternehmen. Praxisgerecht sieht der Entwurf zudem vor, dass einige Vorgaben der Umwandlungsrichtlinie – soweit sinnvoll – überschießend auch für nationale Umwandlungsvorgänge übernommen werden.

Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Durch den Referentenentwurf soll der verpflichtend umzusetzende neue Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Umstrukturierungen innerhalb Europas mit der Modernisierung des nationalen Umwandlungsrechts verbunden werden. Neben Neuregelungen für die grenzüberschreitende Verschmelzung enthält dieser auch ein Regime für grenzüberschreitende Spaltungen und Sitzverlegungen ins Ausland.

Auf dieser Linie liegt es, die Vorschriften übergrenzüberschreitende Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel (zusammen im Weiteren: „grenzüberschreitende Umwandlungen“) in einem neuen Sechsten Buch des Umwandlungsgesetzes (UmwG) zusammenzufassen.

Für diese grenzüberschreitenden Umwandlungen von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung wird ein rechtssicheres europaweit kompatibles Verfahren eingeführt, bei dem die beteiligten Handelsregister digital miteinander kommunizieren.

Eingedenk in diese Zielvorgaben sieht der Entwurf im Wesentlichen folgende Punkte vor:

  • Schutz der Anteilsinhaber & Reform des Spruchverfahrens

    Zur Förderung des Gesellschafterschutzes ist ein unionsweit umzusetzendes Austrittsrecht der Gesellschafter gegen eine angemessene Barabfindung vorgesehen, wenn es dadurch für den betreffenden Gesellschafter zu einem „Rechtswechsel“ kommt. Zudem wird das Recht auf Verbesserung eines unangemessenen Umtauschverhältnisses gestärkt. Ist die ausgleichspflichtige Gesellschaft eine AG, KGaA oder SE, kann sie zudem statt einer baren Zuzahlung zusätzliche Aktien gewähren. Das soll die Liquidität schonen und erleichtert Investitionen im Zuge von Umstrukturierungen.

    Für grenzüberschreitende und für innerstaatliche Umwandlungen werden die Rechte der Minderheitsgesellschafter vereinheitlicht und damit wird die Ungleichbehandlung von Minderheitsgesellschaftern übertragender und übernehmender Gesellschaften bei der Verschmelzung beendet. Das Spruchverfahren soll künftig beiden Gruppen von Minderheitsgesellschaftern zur Verfügung stehen.

    Indem das Spruchverfahren nun auch den Anteilseignern des übernehmenden Rechtsträgers eröffnet wird, können Anfechtungsklagen auch von diesen nicht mehr auf eine angebliche Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses gestützt werden. Dies ist ein zentraler Punkt für die Transaktionspraxis, denn das derzeit bestehende Anfechtungsrisiko mit Blick auf Bewertungsthemen war häufig ein Punkt, der bei der Strukturierung von Zusammenschlüssen mit darüber entschieden hat, welches Unternehmen übertragende bzw. übernehmende Gesellschaft werden soll – und damit die Transaktionsstruktur wesentlich beeinflusst hat.

  • Schutz der Gläubiger
    Der Schutz der Gesellschaftsgläubiger im Umwandlungsverfahren wird gestärkt und ihr Rechtsschutz effizient ausgestaltet. Insbesondere haben die Gläubiger einer deutschen übertragenden bzw. formwechselnden Gesellschaft einen ex ante geltend zu machenden Anspruch auf Sicherheitsleistung, der durch eine faktische Registersperre abgesichert wird.

  • Schutz von Arbeitnehmerrechten
    Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten bei grenzüberschreitenden Umwandlungen ihrer Arbeitgeber eigene Rechte auf frühzeitige und umfassende Information über das Umwandlungsvorhaben, um ihre Rechte effektiv wahrnehmen zu können. Zudem wird nunmehr auch durch die Registergerichte geprüft, ob die grenzüberschreitende Umwandlung zu missbräuchlichen Zwecken (vgl. dazu insb. Grenzüberschreitender Registervollzug) durchgeführt wird, worunter im Einzelfall auch die gezielte Entziehung oder Umgehung von Arbeitnehmerrechten fallen kann.

  • Grenzüberschreitender Registervollzug
    Der Verschmelzungs-, Spaltungs- bzw. Formwechselbericht besteht künftig aus drei Teilen: (i) genereller Abschnitt, (ii) anteilsinhaberspezifischer Abschnitt und (iii) arbeitnehmerspezifischer Abschnitt. Neuerungen gibt es insbesondere in Bezug auf Ausnahmen und Verzicht. Die Vorabbescheinigung wird zudem neugestaltet und künftig direkt über das das Europäische System der Registervernetzung (BRIS) übermittelt. Neu ist dabei insbesondere auch die Missbrauchskontrolle der Registergerichte, ob die grenzüberschreitende Umwandlung zu missbräuchlichen, betrügerischen oder kriminellen Zwecken vorgenommen werden soll.

  • Verfahrenserleichterungen bei Konzernverschmelzungen
    Daneben enthält die Umwandlungsrichtlinie Verfahrenserleichterungen für grenzüberschreitende Konzernverschmelzungen, was sehr zu begrüßen ist.

  • Neuerungen bei nationalen Umwandlungen
    Letztlich werden sinnvolle Anpassungen bei nationalen Umwandlungen geschaffen: Die Regelungen zu Ausnahmen vom Bericht und Prüfungsbericht werden novelliert. Zudem haben bei nationalen Verschmelzungen und Spaltungen ebenfalls sowohl die Anteilsinhaber des übertragenden als auch des übernehmenden Rechtsträgers einen Anspruch auf Verbesserung des Umtauschverhältnisses, was wiederum dem konsequenten Schutz der Anteilsinhaber (vgl. Schutz der Anteilsinhaber & Reform des Spruchverfahrens) entspricht.

Weiterführende Hinweise und Ausblick

Als „Referentenentwurf“ werden von der Bundesregierung noch nicht beschlossene sowie beim Deutschen Bundestag noch nicht eingebrachte Gesetzentwürfe bezeichnet.

Die Länder und Verbände konnten bis zum 06.05.2022 ihre Stellungnahmen hierzu abgeben. Diese haben dabei insgesamt den Entwurf begrüßt und üben nur punktuell Kritik, eine Umsetzung der Richtlinien in der aktuell vorgelegten Fassung mit nur leichten Anpassungen erscheint damit als wahrscheinlich. Dies gilt insbesondere auch unter dem Aspekt, dass das neue Recht grundsätzlich am 31.01.2023 in Kraft treten soll.