June 27, 2022

BFH nimmt zum Begriff der Anteilsminderung iSd. § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG Stellung

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Mit Urteil vom 12.01.2022, II R 4/20 entscheidet der BFH zum Begriff der Anteilsminderung iSd. § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG. Nach Ansicht des BFH sind hierbei auch anderweitige Vereinbarungen zu berücksichtigen, soweit es dadurch wirtschaftlich zu einer Beschränkung der Beteiligung am wirtschaftlichen Wert des Gesellschaftsanteils kommt. Er hält insoweit nicht mehr an der „dinglichen Mitberechtigung der Gesamthänder am Gesellschaftsvermögen“ fest.

Klägerin ist eine deutsche KG. An deren Vermögen hielt Z eine 100%ige vermögensmäßige Beteiligung. Die KG erwarb mit Kaufvertrag im September 2008 mehrere Grundstücke von diversen KGs, deren Kommanditanteile von den leiblichen Kindern des Z gehalten wurden. Mit Vertrag vom Dezember 2008 veräußerte Z 94% seines Kommanditanteils an der KG. Daneben räumte er dem Käufer ein bis zum 30.06.2014 geltendes, unwiderrufliches notariell beurkundetes Angebot auf Abschluss eines Kauf- und Abtretungsvertrags über den ihm verbliebenen 6%igen Kommanditanteil ein und trat seine Gewinn- und Verlustbeteiligung an diesem verbleibenden Anteil bis zum 31.12.2013 an den Käufer ab.

Nach einer Betriebsprüfung kam das FA zu dem Ergebnis, dass die Steuerbegünstigung des § 3 Nr. 6 GrEStG iVm. § 6 Abs. 3 S.2 GrEStG im Hinblick auf die von den KGs erworbenen Grundstücke aufgrund dieser Vorgänge in vollem Umfang rückwirkend zu versagen sei. Die KG legte hiergegen Klage ein, wodurch vom FG nur die Bemessungsgrundlage des Erwerbsvorgangs geändert wurde, nicht jedoch die grunderwerbsteuerliche Würdigung der Rechtsvorgänge, d.h. die Anwendung des § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG, selbst.

Mit der Revision vor dem BFH beantragt die Klägerin eine einschränkende Auslegung des § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG. Dieser müsse nach Ansicht der Klägerin einschränkend ausgelegt werden, wenn der Rechtsakt, der die Anteilsminderung bewirke, seinerseits der Grunderwerbsteuer unterliege. In einer solchen Konstellation scheide eine Steuerumgehung objektiv aus, so dass eine teleologische Reduktion der § 5 Abs. 3, § 6 Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 GrEStG geboten sei. Im Streitfall habe ein nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbarer 100%iger Gesellschafterwechsel bei der Klägerin vorgelegen.

Der BFH stimmt dieser Auffassung nicht zu. Für eine teleologische Reduktion des § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG sieht der BFH im Urteilsfall keinen Raum. Selbst wenn ein Fall des § 1 Abs. 2a GrEStG vorläge, ergäbe sich aufgrund der ausdrücklichen Anrechnung auf die Bemessungsgrundlage in § 1 Abs. 2a GrEStG keine Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion des § 6 Abs. 3 GrEStG.

Ungeachtet dessen liegen nach Ansicht des BFH im Urteilsfall die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht vor, da sich die vermögensmäßige Beteiligung des Z an der Klägerin innerhalb von fünf Jahren nicht um 100%, sondern lediglich um 94%, d.h. in Höhe des veräußerten Anteils verringert hat. Hierbei stellt der BFH fest, dass eine Anteilsminderung auch durch „anderweitige Vereinbarungen“ erfolgen kann, „wenn es dadurch bei im Übrigen unveränderter bürgerlich-rechtlicher Beteiligung am Gesamthandsvermögen wirtschaftlich zu einer Beschränkung oder Aufgabe der Beteiligung am wirtschaftlichen Wert des Gesellschaftsanteils (…) kommt“. Im vorliegenden Fall erkennt der BFH eine solche Beschränkung nicht. Weder das Kaufangebot seitens des Z an den Erwerber, noch die Abtretung der Gewinn- und Verlustbeteiligung im Hinblick auf den zurückbehaltenen 6%igen Kommanditanteil führen für Z zu einer Änderung seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen der KG. So ist durch das Kaufangebot das Risiko der Wertminderung bei Z verblieben und nicht auf den Käufer übergegangen. Denn die Abtretung der Gewinn- und Verlustbeteiligung hatte nach dem Gesellschaftsvertrag keine Auswirkungen auf die Verteilung des Abwicklungsgewinns und des Reinvermögens. Als Folge dessen kam es aufgrund der Vorgänge auch nicht zu einer Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG, sondern lediglich zu einer 94%igen rückwirkenden Versagung der Grunderwerbsteuerbefreiung im Hinblick auf die vormaligen Grundstückserwerbe der KG gem. § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG.

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