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February 03, 2023

Neue EU-Anmeldepflicht zur Kontrolle drittstaatlicher Subventionen bei Unternehmenskaeufen in der EU

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NEUE EU-ANMELDEPFLICHT ZUR KONTROLLE DRITTSTAATLICHER SUBVENTIONEN BEI UNTERNEHMENSKAEUFEN IN DER EU

Am 12. Januar 2023 ist die neue EU-Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen ("Regulation on foreign subsidies distorting the internal market", kurz "Foreign Subsidies Regulation" oder "FSR") in Kraft getreten. Die FSR soll eine Regelungslücke schließen, die sich daraus ergibt, dass finanzielle Zuwendungen an Unternehmen durch Nicht-EU-Länder nicht den EU-Beihilferegeln unterliegen.

Die FSR führt verschiedene Instrumente zur Prüfung drittstaatlicher Subventionen durch die EU-Kommission ("Kommission") ein, die zu einer Verzerrung des Binnenmarktes führen können:

  • eine Anmeldepflicht für Zusammenschlüsse, sofern bestimmte, unter anderem auf die Höhe finanzieller Zuwendungen von Drittstaaten bezogene Schwellenwerte überschritten werden
  • eine Meldepflicht für die Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren, sofern bestimmte, unter anderem auf die Höhe finanzieller Zuwendungen von Drittstaaten bezogene Schwellenwerte überschritten werden sowie
  • eine Marktuntersuchungsbefugnis der Kommission.

Begriff der drittstaatlichen Subvention

Eine drittstaatliche Subvention liegt nach der FSR vor, wenn ein Drittstaat direkt oder indirekt eine finanzielle Zuwendung gewährt, die einem Unternehmen, das eine wirtschaftliche Tätigkeit auf dem Binnenmarkt ausübt, einen Vorteil verschafft und die rechtlich oder faktisch auf ein einzelnes Unternehmen oder einen einzelnen Wirtschaftszweig oder mehrere Unternehmen oder Wirtschaftszweige beschränkt ist.

Für die Zwecke der FSR umfasst der Begriff "finanzielle Zuwendung" unter anderem:

  • den Transfer von Geldern oder Verbindlichkeiten, wie etwa Kapitalzuführungen, Zuschüsse, Kredite, Kreditgarantien, Steueranreize, Ausgleich von Betriebsverlusten, den Ausgleich für von Behörden auferlegte finanzielle Belastungen, Schuldenerlass, Schuldenswaps oder eine Umschuldung
  • den Verzicht auf ansonsten fällige Einnahmen, wie etwa Steuerbefreiungen oder die Gewährung besonderer oder ausschließlicher Rechte an ein Unternehmen ohne angemessene Vergütung, oder
  • die Bereitstellung oder der Erwerb von Waren oder Dienstleistungen.

Drittstaatliche Subventionen nach der FSR können auch finanzielle Zuwendungen sein, die von einer privaten Einrichtung gewährt werden.

Meldepflichten für Zusammenschlüsse und Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen

Unternehmen müssen nach der FSR unter bestimmten Voraussetzungen Zusammenschlüsse bei der Kommission anmelden. Der Begriff des Zusammenschlusses nach der FSR umfasst im Einklang mit der EU-Fusionskontrollverordnung die Fusion von zwei oder mehr Unternehmen, den Erwerb alleiniger oder gemeinsamer Kontrolle über ein anderes Unternehmen und die Gründung eines Vollfunktions-Gemeinschaftsunternehmens.

Im Falle eines Unternehmenskaufs besteht eine Anmeldepflicht, wenn

  • das zu erwerbende Unternehmen in der EU ansässig ist und in der EU im vorangegangenen Geschäftsjahr einen Gesamtumsatz von mindestens 500 Mio. Euro erzielt hat und
  • der Erwerber und das zu erwerbende Unternehmen in den letzten drei Geschäftsjahren vor Vertragsabschluss von Drittstaaten finanzielle Zuwendungen von insgesamt mehr als 50 Mio. Euro erhalten haben.

Unternehmen müssen der Kommission ferner die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen melden, wenn

  • der geschätzte Gesamtwert des öffentlichen Auftrags mindestens 250 Mio. Euro beträgt und
  • der Wirtschaftsteilnehmer, der an einem solchen Vergabeverfahren teilnimmt, in den letzten drei Geschäftsjahren insgesamt finanzielle Zuwendungen von mindestens 4 Mio. Euro pro Drittstaat erhalten hat.

Hinsichtlich der auf drittstaatliche finanzielle Zuwendungen bezogenen Schwellenwerte ist jeweils eine Gruppenbetrachtung maßgeblich. So kommt es für die Anmeldepflichtigkeit eines Unternehmenskaufs nicht nur auf drittstaatliche finanzielle Zuwendungen an die erwerbende Gesellschaft und die zu erwerbende Gesellschaft an, sondern auf drittstaatliche finanzielle Zuwendungen an jegliche Gesellschaften der Erwerbergruppe und jegliche Gesellschaften der zu erwerbenden Unternehmensgruppe. Ob ein Zusammenhang zwischen den jeweiligen finanziellen Zuwendungen und dem fraglichen Zusammenschluss bzw. der Teilnahme an dem fraglichen öffentlichen Vergabeverfahren besteht, ist für die Anmeldepflichtigkeit irrelevant.

Bis zum Abschluss der Prüfung durch die Kommission darf der Erwerber den angemeldeten Zusammenschluss nicht vollziehen bzw. darf der Auftrag nicht an das relevante Unternehmen vergeben werden (Vollzugsverbot).

Marktuntersuchungsbefugnis der Kommission

Neben den neuen Meldepflichten führt die FSR außerdem eine Marktuntersuchungsbefugnis der Kommission zur Kontrolle drittstaatlicher Subventionen ein. Danach kann die Kommission eine Marktuntersuchung durchführen, wenn aufgrund der ihr vorliegenden Informationen ein begründeter Verdacht besteht, dass drittstaatliche Subventionen in einem bestimmten Wirtschaftszweig, für eine bestimmte Art von Wirtschaftstätigkeit oder auf der Grundlage eines bestimmten Subventionsinstruments den Binnenmarkt verzerren könnten.

Materieller Prüfungsmaßstab: Verzerrung des Binnenmarktes

Die Kommission beurteilt zunächst, ob eine finanzielle Zuwendung eines Drittstaates eine drittstaatliche Subvention im Sinne der FSR darstellt, und anschließend, ob sie den Binnenmarkt verzerrt. Die Beurteilung, ob eine drittstaatliche Subvention für einen Zusammenschluss oder im Rahmen öffentlicher Vergabeverfahren den Binnenmarkt verzerrt, ist auf den jeweiligen Zusammenschluss bzw. das jeweilige öffentliche Vergabeverfahren beschränkt.

Die FSR legt fest, dass zu den Kategorien drittstaatlicher Subventionen, bei denen mit größter Wahrscheinlichkeit eine Verzerrung des Binnenmarktes stattfindet, unter anderem folgende Kategorien drittstaatlicher Subventionen fallen:

  • drittstaatliche Subventionen, die einen Zusammenschluss unmittelbar erleichtern
  • drittstaatliche Subventionen, die ein Unternehmen in die Lage versetzen, im Rahmen eines Vergabeverfahrens ein ungerechtfertigt günstiges Angebot abzugeben, auf dessen Grundlage das Unternehmen den Zuschlag für den entsprechenden Auftrag erhalten könnte.

Nach den Erwägungsgründen der FSR dürfte ein Zusammenschluss, bei dem eine drittstaatliche Subvention einen wesentlichen Teil des für den Erwerb des Zielunternehmens gezahlten Preises deckt, eine verzerrende Wirkung haben. Ebenso dürften nach den Erwägungsgründen drittstaatliche Subventionen, die einen wesentlichen Teil des geschätzten Wertes eines Auftrags, der bei einem öffentlichen Vergabeverfahren vergeben werden soll, decken, zu Verzerrungen führen.

Prüfverfahren und Prüffristen

Das Verfahren zur Prüfung drittstaatlicher Subventionen umfasst eine Vorprüfung ("Phase I") und – bei ausreichenden Anzeichen für das Vorliegen einer drittstaatlichen Subvention und eine Verzerrung des Binnenmarktes – eine eingehende Prüfung ("Phase II"). Für Zusammenschlüsse betragen die Prüffristen im Einklang mit den Fristen der EU-Fusionskontrollverordnung 25 Arbeitstage für eine Vorprüfung und 90 Arbeitstage für eine eingehende Prüfung.

Untersagungsbefugnis und Abhilfemaßnahmen

Stellt die Kommission fest, dass eine drittstaatliche Subvention für einen Zusammenschluss oder im Rahmen öffentlicher Vergabeverfahren den Binnenmarkt verzerrt, kann sie Abhilfemaßnahmen anordnen oder den Zusammenschluss bzw. die Vergabe des Auftrags an den betreffenden Wirtschaftsteilnehmer untersagen. Zur Abwendung einer Untersagung kann das betroffene Unternehmen Abhilfemaßnahmen anbieten, darunter die Rückzahlung der drittstaatlichen Subvention.

Zeitlicher Geltungsbereich

Die FSR gilt nicht für Zusammenschlüsse, für die vor dem 12. Juli 2023 das Signing stattgefunden hat, und nicht für öffentliche Vergabeverfahren, die vor dem 12. Juli 2023 eingeleitet wurden. Die FSR gilt grundsätzlich ab dem 12. Juli 2023. Ab diesem Zeitpunkt kann die Kommission von Amts wegen tätig werden. Die Anmeldepflicht für Zusammenschlüsse und die Meldepflicht für die Teilnahme an öffentlichen Vergabeverfahren gelten ab dem 12. Oktober 2023.

Ausblick

Die neue EU-Anmeldepflicht zur Kontrolle drittstaatlicher Subventionen für Zusammenschlüsse in der EU dürfte vor allem Staatsunternehmen von Drittstaaten, internationale Konzerne und große Private-Equity-Unternehmen treffen. Für Unternehmen dürfte es sich gegebenenfalls empfehlen, möglichst frühzeitig gruppenweit Informationen über finanzielle Zuwendungen von Drittstaaten im Sinne der FSR zu sammeln.