August 01, 2022

BMF veröffentlicht Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2022

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BMF VERÖFFENTLICHT REFERENTENENTWURF EINES JAHRESSTEUERGESETZES 2022

Das Bundesfinanzministerium hat am 29.07.2022 den Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) zur gesetzlichen Umsetzung bestimmter Maßnahmen betreffend die Besteuerung von Registerfällen, die Bedarfsbewertung für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer, die Digitalisierung des Steuerverfahrens und die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag veröffentlicht. Der Gesetzentwurf sieht u.a. Anpassungen im Bewertungs-, Einkommensteuer-, Umsatzsteuer-, Umwandlungssteuer-, Grunderwerbsteuer- sowie Steueroasenabwehrgesetz vor.

Unter anderem sind folgende Änderungen vorgesehen:

(i)  Im Bereich des EStG

  • Änderung der Besteuerung sog. Registerfälle mit Beschränkung auf Gläubiger mit Ansässigkeit in einem nichtkooperativen Steuerhoheitsgebiet ab 2023 (§ 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG-E, § 10 S. 1 Nr. 5 StAbwG-E):

Die bisher geltenden Regeln zur Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger, die nur auf Grund der Vermietung und Verpachtung oder der Veräußerung eines in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragenen Rechts (sog. Registerfälle) der Besteuerung in Deutschland unterliegen, sind den Erkenntnissen einer Evaluation der geltenden Rechtslage durch das Bundesministerium der Finanzen folgend zurückzuführen und damit für die Zukunft weitgehend abzuschaffen. Lediglich für Zahlungen von Vergütungen an Gläubiger, die in Steuerhoheitsgebieten im Sinne des § 2 StAbwG ansässig sind, sollen die Regelungen über den 31.12.2022 weiterhin aufrechterhalten werden.

Für Vergütungen im Hinblick auf diese Rechte, die bis zum 31.12.2022 zufließen, soll künftig ebenfalls eine rückwirkende Beschränkung des Besteuerungsrechts erfolgen. Diese sollen nur noch dann zu einer beschränkten Steuerpflicht führen, wenn die Zahlungen zwischen nahestehenden Personen iSd. § 1 Abs. 2 AStG erfolgen.

  • Anhebung des linearen AfA-Satzes für die Abschreibung von Wohngebäuden auf 3 Prozent sowie Aufhebung des Nachweises einer kürzeren Nutzungsdauer, § 7 Absatz 4 EStG-E ab VZ 2024:

Der typisierte AfA-Satz für Wohngebäude soll von 2 auf 3 Prozent angehoben werden. Damit werden zukünftig alle Gebäude grundsätzlich über einen Zeitraum von 33 Jahren abgeschrieben. Aufgehoben werden soll die Möglichkeit eine tatsächliche, kürzere Nutzungsdauer nachzuweisen und eine höhere AfA in Anspruch zu nehmen. Die Regelungen zur Teilwertabschreibung und zur Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung für Gebäude im Betriebsvermögen bleiben hiervon unberührt.

  • Vollständiger Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 2 EStG ab VZ 2023:

Die Änderung ist vor dem Hintergrund der Urteile des Bundesfinanzhofs vom 19.05.2021 (X R 20/19 und X R 33/19) erforderlich, da mit dieser Maßnahme in einem ersten Schritt dazu beigetragen werden kann, auf langfristige Sicht eine „doppelte Besteuerung“ von Renten aus der Basisversorgung zu vermeiden. Der vollständige Sonderausgabenabzug soll nun erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2023 und nicht mehr wie bisher ab VZ 2025 gelten.

  • Ehegattenübergreifender Verlustausgleich im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 6 S. 3 EStG-E)
  • Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags von 801 auf 1 000 Euro bzw. von 1 602 Euro (Ehegatten/Lebenspartner) auf 2 000 Euro ab VZ 2023 (§ 20 Abs. 9 EStG-E)
  • Anhebung des Ausbildungsfreibetrags von EUR 924 auf EUR 1.200 ab VZ 2023 (§ 33a Abs. 2 S. 1 EStG-E)
  • Steuerfreistellung des Grundrentenzuschlages ab VZ 2021 (§ 3 Nr. 14a EStG - neu -).
  • Verfahrensverbesserungen bei der Riester-Förderung zur Vermeidung der Rückforderung von Zulagen (§ 90 Abs. 2, 3, 4 5 EStG-E)

(ii)  Im Bereich des BewG

Anpassung der Vorschriften der Grundbesitzbewertung für erbschaft- und schenkung- sowie grunderwerbsteuerliche Zwecke an die Immobilienwertermittlungsverordnung vom 14.07.2021, an die Rechtsprechung des BFH sowie die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung:

Durch das Erbschaftsteuerreformgesetz 2008 wurde die Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaftsteuer unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 07.11.2006 (1 BvL 10/02, BStBl 2007 II S. 195) in enger Anlehnung an die Vorschriften der Verkehrswertermittlung auf der Grundlage des Baugesetzbuchs (BauGB) grundlegend reformiert. Mit den geplanten Änderungen des Bewertungsgesetzes werden insbesondere das Ertrags- und Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke sowie die Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung vom 14.07.2021 angepasst. Insbesondere soll sichergestellt werden, dass die von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte auf der Grundlage der neuen ImmoWertV ermittelten sonstigen, für die Wertermittlung erforderlichen Daten bei der Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer sachgerecht angewendet werden können.

(iii)  Im Bereich des UmwStG

Änderung des Umwandlungssteuergesetzes im Hinblick auf die Stundungsregel betreffend einbringungsgeborene Anteile in Wegzugsfällen (§ 27 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG-E):

Im Rahmen der Neuregelung der Wegzugsbesteuerung in § 6 Abs. 5 AStG durch das ATADUmsG vom 25.06.2021 wurde mit Wirkung ab dem 01.01.2022 die Unterscheidung zwischen einem Wegzug innerhalb des EWR bzw. ins Drittland aufgegeben (sog. One-Fits-All-Lösung).

Die Regelungen zur Besteuerung einbringungsgeborener Anteile in Wegzugsfällen werden für Fälle des Wegzugs ab dem 0.01.2022 an diese neuen Regelungen des § 6 AStG angepasst. Der Steuerpflichtige mit einbringungsgeborenen Anteilen im Privatvermögen kann (bzw. muss) damit auch bei einem Wegzug ins Drittland (bzw. innerhalb des EWR) auf Antrag die geänderten Regelungen des AStG in Anspruch nehmen.

(iv)  Im Bereich des GrEStG

Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (§ 5 Abs. 3 S. 1 GrEStG-E, § 6 Abs. 3 GrEStG-E, § 19 Abs. 7 GrEStG-E):

In § 6 Abs. 3 GrEStG (grunderwerbsteuerliche Privilegierung bei der Übertragung von Grundstücken zwischen Gesamthandschaften) soll entsprechend § 5 Abs. 3 S. 3 GrEStG eine Regelung aufgenommen werden, wonach die Ausübung der Option zur Körperschaftsteuerpflicht gem. § 1a KStG in der Nachbehaltensfrist als Verminderung der Beteiligungsquote gilt und somit zu einer rückwirkenden Versagung der Steuerbefreiung führt.

Des Weiteren soll der Beginn der Festsetzungsfrist bei Verletzung der Anzeigepflicht im Zusammenhang mit einer Verminderung der Beteiligungsquote in Fällen der §§ 5, 6 GrEStG hinausgeschoben werden. Diese soll in Anlehnung an die Frist des § 170 Abs. 6 AO spätestens zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres beginnen, in dem die anzeigepflichtige Änderung eingetreten ist.

Mit der Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12.05.2021 wurden die Vor- und Nachbehaltensfristen in §§ 5, 6 GrEStG von fünf auf zehn Jahre verlängert. Aufgrund eines fehlerhaften Änderungsbefehls gilt dies bislang nicht für die Nachbehaltensfrist in § 5 Abs. 3 S. 1 GrEStG beim Übergang eines Grundstücks auf eine Gesamthand. Die Verlängerung von fünf auf zehn Jahre soll in diesen Fällen durch die geplante Änderung nun geregelt werden.

(v)  Im Bereich des UStG

Schaffung einer nationalen Vorschrift zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020/284 des Rates vom 18.02.2020 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG im Hinblick auf die Einführung bestimmter Anforderungen für Zahlungsdienstleister (§ 22g UStG -neu-):

Die Richtlinie (EU) 2020/284 des Rates vom 18.02.2020 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG im Hinblick auf die Einführung bestimmter Anforderungen für Zahlungsdienstleister (ABl. L 62 vom 02.03.2020, S. 7) sieht vor, dass von diesen ab dem 01.01.2024 hinreichend detaillierte Aufzeichnungen über bestimmte grenzüberschreitende Zahlungen zu führen und an die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu übermitteln sind. Mithilfe der Zahlungsinformationen sollen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union den Umsatzsteuerbetrug, insbesondere im Bereich des grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehrs, besser bekämpfen können. Die Finanzverwaltung soll durch den Zugang zu den Zahlungsdaten der Zahlungsdienstleister Informationen erhalten, die bislang nicht oder nicht unmittelbar zur Verfügung standen. Durch die Vorschrift § 22g UStG sollen Zahlungsdienstleister verpflichtet werden, bei grenzüberschreitenden Zahlungsdiensten bestimmte Aufzeichnungen zu den Zahlungen vorzunehmen und diese Daten bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Dort werden die Aufzeichnungen vorübergehend gespeichert und an das zentrale elektronische Zahlungsinformationssystem (CESOP), das von der Europäischen Kommission entwickelt und verwaltet wird, zur weiteren Auswertung übermittelt.

(vi)  Im Bereich der AO

  • Schaffung einer Rechtsgrundlage zum Aufbau eines direkten Auszahlungsweges für öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer (§ 139b AO-E-):

Hintergrund der Änderung ist nach dem BMF der zu erwartende Anstieg der CO2-Preise und der sich daraus ergebende Bedarf der Entwicklung eines sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus. Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund beschlossen, die Voraussetzungen für eine missbrauchssichere Auskehrung öffentlicher Mittel über die steuerliche Identifikationsnummer (IdNr) nach § 139b AO für das Klimageld zu entwickeln, um in Zukunft einen einfachen und unbürokratischen missbrauchssicheren Zahlungsweg zu ermöglichen.

  • Ermöglichung der Weitergabe von § 30 AO geschützter Daten für Zwecke eines Strafverfahrens auf Anforderung (§ 31a Abs. 1 S. 2 AO-E)
  • Sicherstellung der Bekanntgabefiktion von Steuerverwaltungsakten bei elektronischer Zurverfügungstellung  (§ 122 Abs. 5 S. 2, 4 AO-E)

Im nächsten Schritt wird das Bundeskabinett einen Regierungsentwurf beschließen.

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